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Kurzgeschichten |
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Schönes
Bambino-Wochenende Der
Sonntagmorgen ist ein schöner Morgen. Besonders, wenn um halb acht das
erste Fußballspiel der Bambinos beginnt und das eigene Kind mitmacht. Drei Minuten vor Spielbeginn rannte ich mit meinem kleinen Fußballer die Treppe hinunter und verließ das Haus. Mit einem lauten Knall krachte die Haustür ins Schloss, dass die Spatzen von der Dachrinne stürzten und unser 93-jähriger Mitbewohner aus dem Bett fiel. Auch
ich erschrak. Aber nicht wegen des Knalls sondern wegen der vereisten
Autoscheiben. Ich hatte abends den Wagen in der Einfahrt stehen lassen,
statt ihn in der Garage zu parken. Ich wollte morgens schneller wegkommen. Und
nun stand ich da und musste Eis kratzen. Die Kratzspuren auf der
Autoscheibe erinnerten mich an die Spuren schwarzer Turnschuhsohlen auf
Hallenparkett. Nach dem letzten Spiel verbot der Hallenwart derartiges
Schuhwerk und deshalb sollte mein Schätzchen seine hellen Sportschuhe am
Freitag aus dem Kindergarten mitnehmen. In
solchen Momenten überlege ich, der Kirche beizutreten und Gott gefällig
nach der Bibel zu leben. In der steht nämlich, dass man am siebten Tage
ruhen soll und das ist eine ausgesprochen gute Idee, wenn man von Montag
bis Sonntag alleine zwei schulpflichtige Kinder umsorgt. Aber es nutzte
nichts. Die Sache war nun angerührt und verlangte nach Vollendung. Ich
befreite ringsherum die Scheiben vom Eis und schleuderte den Kratzer in
den Fußraum der Beifahrerseite. Dort schepperte er gegen die
Pfandflasche, die sich seit zwei Wochen gegen ihre Rückgabe wehren. Endlich fand ich ein Paar Schuhe. Das Leder war in den Tretfalten geplatzt, vorne würden die Zehen etwas frische Luft bekommen und am linken Schuh war die Sohle locker. Mit Sicherheit würden diese Treter die Blicke einiger Mütter auf sich ziehen und mich dafür mit vorgehaltener Hand kreuzigen. Das können sie in unserer Gegend ganz gut. Aber, Herr Gott, was sollte ich denn machen. Ich
schnappe die Latschen, haste die Treppe hoch, zur Haustür hinaus, rummms,
hechte ins Auto, starte den Motor, legen den Rückwärtsgang ein, drehe
mich um. Wo ist der Junge? "Apropo
Unfall. Mike hast du die Knieschützer vorhin in die Tasche gepackt, wie
ich's dir gesagt habe?" Keine Antwort. Ich sah in den Rückspiegel.
Mein Junior gab sich in höchster Konzentration der Popelei hin und
versuchte sich durch Fingerschnippen seiner nasalen Artefakte zu
entledigen. "Du Ferkel!", rief ich. Worauf er sich erschreckte
und zu plärren begann. Krampfhaft versuchte ich bei Tempo siebzig eine
Packung Papiertaschentücher zu öffnen. Es gelang mir unter materiellen
Verlusten. Ich hatte ein Verkehrsschild gestreift und ein Huhn tranchiert.
Wenigstens aber war nun der Sekretabfluss meines Kindes hygienisch
geregelt. "Was
ist jetzt mit den Knieschützern?", hake ich nach. "Hast du sie
eingepackt?" Exakt
7 Uhr 47 bogen wir auf dem Parkplatz der Großsporthalle. Nachdem mein Kleiner einige Dutzend Mal die Latschen beim Schießen in die Luft gewirbelt hatte, nahm ihn der Trainer vom Platz und mir wurde mit beiläufigen Äußerungen am Spielfeldrand verklickert, dass ich am schlechten Abschneiden der Mannschaft schuld war. Sie hatten sieben Spiele zu Null verloren. Ein schöner Sonntagmorgen und nächste Woche stehe ich gerne wieder um 7 Uhr auf - und lege mich gleich wieder hin, weil mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unser Auto kaputt ist.
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