Kurzgeschichten
& Anekdoten

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Der Frauenmann

 

Hätte ich das geahnt, was mich zum Fasching erwartet, wäre ich nie auf diese blöde Idee gekommen mich als Frau zu verkleiden.

War ja zunächst auch cool. Keiner hat mich erkannt. Hab mir sogar extra den Bart, die Arme und Beine rasiert. Fing zwar mittlerweile überall an zu jucken und zu brennen aber was tut man nicht alles für einen perfekten Auftritt.

Aber dann musste ich mir doch Mut antrinken. Als ich das dritte Glas Aperol hatte, stakste ich zu einem Bartisch, an dem eine Minionette, eine Piratin und eine Postkästin standen und sich amüsierten. Sie hatten gerade diesen Spruch „Wie die Nase des Mannes, so sein Johannes“ auf der Schippe und zeigten auf einen Typen mit einen mächtigen Zinken und lachten, weil er offenbar nichts in der Hose hatte.

Ich hab mich in dem Moment verschluckt und musste husten bis mir die Tränen kamen. Dabei verwischte sich mein Lidstrich. Die Postkästin reichte mir ein parfümiertesTaschentuch und ich rieb mir in groben Zügen unter den Augen lang und schnäuze. Als ich in das Taschentuch sah, hing da allerdings nicht nur der blaue Lidstrich und die Rotze drin, sondern auch noch eine Bremsspur Makeup und eine Wimper. Gott verflucht.

Die Minionette und die Piratin brachen darauf hin in lautes Gelächter aus und tupften sich sanft mit ihren Fingerbeeren unter die Augen. Vornehmes Pack. Dann musste ich auch noch niesen, schlug mit meiner Stirn auf den Bartisch und schüttet mir das Aperolgesoff über die Bluse, die ich mir von meiner Nachbarin geliehen hatte. Dabei war auch meine blonde Perücke verrutscht.

Mann war ich sauer und die drei hässlichen Gestalten lachten, als würde gerade ein Riesenkolben mit Zigarettenschniedel nackt vor ihnen stehen. Blödes Volk blödes, dachte ich, und kramte, ohne das ich groß was sehen konnte, in der Handtasche nach einem Taschentuch. Mit Mühe konnte ich eins finden. Dafür fehlten mir plötzlich drei Fingernägel. Spätestens in solchen Momenten verschwinden Frauen aufs Klo – mindestens zu zweit und zwar auf die Damentoilette.

Naaaaaiiiiiinnnnn… dann passiert da der nächste Blödsinn. Darauf war ich echt nicht mehr in Stimmung. Ich bin ein gestandener Mann – aber nicht als Frau. Ich zog das Männer-WC vor und tingelte auf meinen Higheels ganz ungeniert rein. Da standen drei Kerle an der Rinne, einer im Schweinekostüm, und glotzen mich dämlich an: „Na Süße, hast dich wohl verlaufen?“, meinte einer. Ich ließ wortlos eine fahren und sagte mit meiner tiefsten Männerstimme „Alles klar?“.

Jetzt wusste ich nur nicht, soll ich mir jetzt den Rock runter ziehen um zu pinkeln oder hochziehen. Ich entschied mich für letzteres, musste allerdings die Strumpfhose runter drücken. Das muss ein Bild gewesen sein – auf Higheels an der Rinne zum Pinkeln.

Nachdem ich mich abgeschüttelt hatte, fiel mir auf, dass drei weitere Fingernägel fehlten. Einer lag in der Rinne. Wo die zwei anderen waren, darüber zerbrach ich mir nicht den Kopf. Und als ich dann im Spiegel über dem Waschbecken mein Schlampenoutfit sah ,war mir sowieso alles egal.

Auf dem Weg zurück zur Bar grapschte mir dann tatsächlich ganz unverholen ein besoffener Typ an meine Ballonbrust. Ich schlug ihn reflexartig auf die Hand und hätte ihm am liebsten in sein zinkenloses Gesicht gehauen. Aber diese unpraktischen Higheels wären mir sicher zum Verhängnis geworden. Jedenfalls zischte die Luft aus meiner linken Titte. Aus lauter Frust machte ich beim Weitergehn die andere auch platt. Und die Schuhe wollte ich nun ebenfalls los werden.

An einem Tisch war ein Stuhl frei und ich setzte mich, als mir ein stechender Schmerz in meinen Beutel fuhr. Jetzt wusste ich wo die anderen zwei Nägel abgeblieben waren. Vor Wut riss ich mir die anderen Fingernägel ab, riss die Bluse auf, holte den BH mit den leeren Ballonhüllen raus und kickte die Fußbekleidung in den Saal. Ich hatte so die Nase voll.

Und ich Idiot habe für meine perfekte Rolle auch noch drei Kochrezepte gelernt und mir die Namen von Frauenärzten aus dem Telefonbuch herausgesucht. So ein Mist passiert immer nur mir. Also eins weiß ich: Nächstes Jahr bleib ich Mann – Frau sein ist mir zu anstrengend.

 

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