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Kurzgeschichten |
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Traditionelle
Wellnessmassage mit Duftöl „Traditionelle
Wellness-Thai-Massage“ stand in grünen bambusähnlichen Lettern an dem
Schaufenster. Ich hatte tags zuvor eine blöde Zahnbehandlung und das
Treffen mit Karlheinz, einem guten Freund, verzögerte sich um anderthalb
Stunden. Wellness würde mir sicher gut tun. Ich öffnete die Tür zur Thai-Praxis. Ein Duft von Lavendel und Minze stand in der Luft und je näher ich zum Tresen kam, vermischte sich das Aroma mit einem Dunst von gekochtem Reis und Curry aus dem hinteren Bereich des „Etablissements“. Auf dem Tresen winkte eine kitschige goldene Katze mit ihrer Tatze und an der Wand hingen zwei Bilderrahmen mit Urkunden: „Zertifikat“, „Thai-Massage“ und „Akademie Hoshungua“ stand in dicker Schrift auf den Dokumenten. Den Rest konnte ich nicht lesen. „Haaaalooo… bitte!“
begrüßte mich eine kleine Thaifrau. „Ausziehe bis auf
Hose…“ sagte die „Massagistin“ und zog den Vorhang zu. Nach
einigen Minuten kam sie wieder mit einigen Handtüchern und einem
Babyflaschenwärmer, in dem eine Flasche Öl stand. Sie massierte mit ihren Händen von meinen Füßen beginnend bis zum Nacken alle Bereiche. Dann sagte sie „Schön locker bleibe“ und stieg mit ihren Füßen auf meine Waden. Jetzt wusste ich wozu das Gestell an der Decke war. Sie hielt sich dort fest, während sie auf mir herumstieg… von den Waden über die Oberschenkel auf mein Gesäß und von dort die Wirbelsäule hoch. Jeder Physiotherapeut hätte diese Technik vermutlich für „Kreuzgefährlich“ eingestuft. Ich hoffte nur, dass nicht irgendwo etwas knackt. Diese kleine Thai erschien mir plötzlich ziemlich schwer. Danach stieg sie mit
ihren Knien auf meine Beckenschaufeln, bohrte gleichzeitig ihre Ellenbogen
in meine Schultermuskeln und sagte wieder „Schön locker bleibe“. Und
wie sie so auf mir hing, lies sie plötzlich einen kurzen knallenden Furz
mit einem Nachzischen. Ich riss die Augen auf vor Entsetzen. War das jetzt
der Extra-Duft der Massage? Eine sehr spezielle Form der traditionellen
Thaimassage, dachte ich. Nach der Tortur wusch sie mir noch mit lauwarmen
Waschlappen das Öl vom Körper und lies mich plötzlich sitzen als eine
Kundin die Höhle betrat um einen Gutschein für ihre Mutter zum 80sten
Geburtstag zu holen. Mir kroch die Gänsehaut vom kleinen Zeh bis zur
Schulter – weil ich fror und weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass
die arme Mutter die Massage überleben würde. Nach einer Stunde verließ
ich die „Praxis“, begleitet von einem Duft aus Lavendel, kochendem
Reis und Furz sowie Schmerzen in Waden, Rücken und Schultern. Die
kitschige goldene Katze winkte mir hinterher und ich glaubte sie hämisch
lachen zu hören. „Danke für Komme!“ Verdammt, Karlheinz, warum musstest du auch unseren Treffen verschieben. |